Baugeschichte von Sankt Gangolf
Lang ist der Weg, der zu dem Ergebnis geführt hat, dass am 24. Mai 2001 die renovierte St. Gangolfskirche der Hollfelder Bevölkerung übergeben werden kann.
Seit dem Auszug der Evang.-Luth. Kirchengemeinde Hollfeld aus der Kirche im Jahre 1968 haben sich die politisch Verantwortlichen in Hollfeld Gedanken gemacht, wie man diesem Bauwerk wieder Leben einflößen und wie man eine dauerhafte Nutzung für das Gebäude schaffen kann.
Baugeschichte von Sankt Gangolf
Die Renovierung des Turms
Am 23. Februar 1974 befasste sich der Stadtrat der Stadt Hollfeld erstmals mit dem Thema „Renovierung und Sanierung”, es wurde ein Beschluss über das Anbringen einer neuen Turmuhr gefasst. Bei ersten Untersuchungen und einer Begehung stellte man dann fest, dass allein der Ersatz einer Turmuhr nicht ausreichend ist. Man entdeckte viele Unzulänglichkeiten, insbesondere im Turmbereich.
Aufgrund sensationeller Befundergebnisse wurde der Turm dann nicht in seiner ursprünglichen Form renoviert, sondern vielmehr wurde eine mittelalterliche Form der Gestaltung gewählt. Der gesamte Turm wurde verputzt und mit einer Bemalung versehen, so wie ihn jeder Hollfelder und jeder Gast heute kennt. Die Flächen wurden weiß, die Eckbereiche wurden gequadert mit in wechselseitiger Form und Farbe aufgezeichneten Rechtecken in rot und grau. Diese Bemalung sollte fehlende Natursteinquaderungen vortäuschen.Umfangreiche Instandsetzungs- und Reparaturarbeiten mussten u.a. an dem hölzernen Wehrumgang des Turmes durchgeführt werden. Hier waren Eichenbalken total verfault, so dass eine Begehung nur mit großen Risiken möglich war.Bei der damaligen Sanierung wurden sowohl die Eingangstür im Turmbereich erneuert, als auch der Treppenaufgang in den Turm und die dazugehörige Wendeltreppe.
Stillstand der Baumaßnahme
Das erarbeitete Konzept sah Kosten von 700.000 - 800.000 DM vor und sollte eine neutrale Nutzung für diese Kirche schaffen. Da zu damaliger Zeit die staatlichen Zuschüsse nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung standen, hat sich der Stadtrat entschlossen, nur die Turmsanierung durchzuführen und die weitern Maßnahmen „auf Eis” zu legen. Erneuert wurde damals das gesamte Turmuhrensystem einschließlich des Einbaues eines automatischen Läutwerkes für das "Irrglöckchen". Erneuert und vergoldet wurden auch die 3 Zifferblätter.
Dann hat das Bauwerk eine lange ungenutzte Phase durchgemacht. In der Übergangszeit von Gebiets- und Landkreisreform in den Jahren 1972 - 1978 wurde der Kirchenraum zur Lagerung vieler Güter verwendet, die aus den einzelnen Ortsteilen, die zu Hollfeld gekommen sind, zusammengetragen wurden.
Der Turm in neuer Gestaltung wurde zwar zum schönen sichtbaren Wahrzeichen, was er auch vorher war, aber jetzt in leuchtenden Farben. Diese Gestaltung fand vielfache Anerkennung und wurde auch als häufiges Fotomotiv in Kalendern, Büchern und anderen wichtigen Publikationen verwendet. Nachdem die Stadt Hollfeld sich am 30.07.1985 dazu entschieden hatte, einen Antrag auf Aufnahme in das Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramm zu stellen, nahm der Wunsch zu, auch die St. Gangolfkirche wieder in das städtische Leben einzubeziehen. Solange jedoch keine entsprechende sinnvolle Nutzung für das Gebäude bestand und die Stadt Hollfeld ohnehin andere wichtige bauliche Aufgaben zu erfüllen hatte, führte die St. Gangolfkirche einen gewissen „Dornröschenschlaf”, das heißt die begonnene Baumaßnahme musste ruhen.
Den Aktivitäten von Wolfgang Pietschmann, dem Initiator und auch Bestreiter der alljährlichen Kunstausstellung im Sommer ist es wohl zu verdanken, dass hier der Kirchenraum wieder in das städtische Geschehen einbezogen wurde. Alljährlich konnte man wieder während der Kunstausstellungen das Gebäude besichtigen und bewundern.Der bauliche Zustand hat sich jedoch von Jahr zu Jahr verschlechtert, der Innenraum war nicht besonders ansehnlich und hatte auch einen unangenehmen Geruch, der sich aufgrund starker Durchfeuchtungen und weniger Be- und Entlüftungen eingestellt hatte. Der Kirchenraum war wenig einladend.
Der eigentliche Durchbruch zu ernsthaften Überlegungen über die Fortführung entsprechender Sanierungsmaßnahmen erfolgte durch die Gangolfbühne Hollfeld, dem Theatersommer. Jan Burdinski ist es zu verdanken, dass plötzlich Bewegung in die Initiative kam, die eine Revitalisierung dieses Gebäudes seit Jahren geplant und verlangt hat.
Im August 1997 hat der Stadtrat der Stadt Hollfeld beschlossen, die Sanierung der St. Gangolfkirche weiter durchzuführen. In der Sitzung des Stadtrates am 14.10.1997 wurde Architekt Staudt beauftragt, ein entsprechendes Konzept zur Sanierung der St. Gangolfkirche zu erarbeiten. Diese Arbeit sollte die Basis für Gespräche mit der Stadt Hollfeld, mit den möglichen Nutzern und auch mit den möglichen Geldgebern sein.
Neue Nutzungskonzepte für die Kirche
Im Juni 1998 konnte der Architekt dem Stadtrat der Stadt Hollfeld einen Vorentwurf vorlegen, der intensiv besprochen und diskutiert wurde. Kern des Entwurfes war die Nutzung des Kirchenraumes als „Multifunktionsfläche” für kulturelle Veranstaltungen. Dabei waren sowohl die Nutzung für den Theatersommer, für die alljährliche Kunstausstellung, für Konzerte, für Liederabende und auch für allgemeine Veranstaltungen der Stadt Hollfeld angedacht worden. Bekannt war, dass das Gebäude aufgrund denkmalgeschützter Bedürfnisse nur unwesentlich verändert werden durfte und das Gebäude als besonderes Baudenkmal zu erhalten war.
Nachdem entsprechende Infrastrukturmaßnahmen für die Nutzung erforderlich wurden, wie zum Beispiel Toilettenanlagen, eine Heizung und anderes, musste eine Lösung gefunden werden, die hier die dauerhafte und uneingeschränkte Nutzung des Gebäudes möglich macht. Der Einbau derartiger Maßnahmen in das Gebäude war auch technischen und denkmalpflegerischen Gesichtspunkten nicht möglich. Deshalb entstand das planerische Konzept, diese Einrichtungen an das ehemalige Rathaus, jetzt Stadtbücherei , anzugliedern.
In dem vorhandenen Nebengebäude war die Unterbringung der Heizung und auch ein entsprechendes Stuhl- und Kulissenlager möglich. Ein kleinerer Erweiterungsanbau wurde geplant, in dem Toilettenanlagen einzurichten waren. Dieses Konzept wurde dann auch beibehalten und in die Tat umgesetzt.
Bei der Gestaltung der Kirche selbst gab es umfassende Diskussionen über die Schaffung entsprechender Zugangsmöglichkeiten und die Errichtung eines Foyers. Im Rahmen der Vorlage des entsprechenden Konzepts im April 1999 wurde der Glasanbau auf der Nordseite vorgestellt, er fand mit wenigen Abänderungen die Zustimmung des Stadtrates und aller anderen am Baugeschehen Beteiligten.
Nach Zustimmung des endgültigen Konzeptes im April 1999 konnten die notwendigen Planungsunterlagen zusammengestellt werden, um damit die erforderliche Baugenehmigung einerseits und andererseits auch die potentiellen Geldgeber zu erreichen, im Wesentlichen die Regierung von Oberfranken, um hier eine Finanzierung anzugehen. Die Planungsunterlagen wurden durch eine umfangreiche Befunduntersuchung, erstellt durch den Stadtheimatpfleger Günther Hofmann, unterstützt.
Sehr schnell fand man die Zustimmung der wichtigsten Genehmigungsbehörden, wie dem Landratsamt Bayreuth und dem Landesamt für Denkmalpflege in Seehof. Das Konzept fand aber auch die Zustimmung und Unterstützung bei den möglichen Betreibern und auch bei den vielen Sponsoren und Gönnern der Gangolfbühne wie auch der Kunstausstellung.
So war es möglich, mit Unterstützung des MdB Hartmut Koschyk, dem Vorsitzenden des Theatersommers, eine historische Runde bei der Regierung von Oberfranken unter Leitung des Regierungspräsidenten Hans Angerer zu erreichen. Bei dieser denkwürdigen Veranstaltung am 07. Mai 1999 in der Regierung von Oberfranken in Bayreuth konnte das Finanzierungspaket geschnürt werden, das die Grundlage für die Baumaßnahme bildete.
Fertigstellung der Umbauarbeiten
Nach den Vorbereitungen für die Durchführung aller vorgesehenen Arbeiten, d.h. der Schaffung eines Kulturraumes im Kirchenbereich, der Renovierung und Restaurierung des gesamten Bauwerkes, einschließlich Schaffung eines Glasfoyers und die Errichtung von Toilettenanlagen am alten Rathaus, verbunden mit geschätzten Kosten von rd. 1,9 Millionen DM, sollte noch im Jahre 1999 mit der Maßnahme begonnen werden.
Der für August 1999 vorgesehene Baubeginn musste allerdings verschoben werden, da das Landesamt für Denkmalpflege darauf bestand, innerhalb der Kirche archäologisch Grabungen durchzuführen.
Diese über 4 Monate dauernden Arbeiten förderten interessante Dinge zutage, haben allerdings nicht die Vermutung der Archäologen bestätigt, dass Fundamente einer alten Kirche aus der Zeit der Walpoten vorhanden sind. Gefunden wurden zahlreiche Grabstätten, die in dem Befundbericht von Frau Rita Hannig beschrieben und dokumentiert sind.
Im Oktober 1999 wurden dann die Arbeiten im Bereich der Kirche aufgenommen. Begonnen wurde mit der Sanierung des Dachstuhles über der Kirche, eine mühsame und langwierige Maßnahme, die vieles Unerwartete zutage gefördert hat. Im Anschluss fand die Sanierung des Kirchturmes statt, der ebenfalls viele Überraschungen brachte. Die Hölzer waren teilweise derart schlecht und von der Witterung gezeichnet, dass zum Teil Einsturzgefahr für Bauteile bestand. Aufgrund dessen mussten unter Einschaltung des Statikers Störmsdörfer zahlreiche Bauteile ausgewechselt und erneuert werden. Die Arbeiten kamen nur mühsam voran, erst im Frühjahr 2000 konnte so richtig mit der vorgesehenen Sanierung begonnen werden. Es erfolgte die Trockenlegung der Außenwände, das Einbringen des Fußbodens, die Ausbesserung der Dachflächen und deren Ergänzung, das Anbringen von Dachrinne und deren Abflüsse, der Einbau von Entwässerungssystemen, die Fundamentierung für den Foyeranbau.
Mehrfach musste während der Sanierungsmaßnahme die verantwortliche Kommission, bestehend aus dem Vertreter der Regierung von Oberfranken, OBR Loewel, dem Vertreter den Landratsamtes, KBM Munz, sowie dem Vertreter des Landesamtes für Denkmalpflege und der Stadt Hollfeld zusammengerufen werden, um über plötzlich auftretende Schwierigkeiten zu beraten und um entsprechende Entscheidungen zu treffen.
Tagtägliche Überraschungen und arbeitsbedingte Widrigkeiten, auch das Ausfallen bestimmter Firmen, haben zu einer nicht vorgesehenen Verlängerung der Bauzeit geführt. Entscheidende Impulse bei der Durchführung aller Arbeiten wurden stets von Stadtrat der Stadt Hollfeld gegeben, im Besonderen von Bürgermeister Oskar Pirkelmann, dem verantwortlichen Kreisbaumeister Munz und dem Vertreter des Landesamtes für Denkmalpflege, Herrn Dr. Mertens.
Alle am Bau beteiligten Handwerker haben ebenfalls ihren persönlichen Ehrgeiz entwickelt, dieses Bauwerk zu einem besonderen Schmuckstück der Stadt Hollfeld entstehen zu lassen. Großes Engagement und Bereitschaft zur Mitwirkung haben auch die vorgesehenen Nutzer eingebracht, allen voran Herr Burdinski und Herr Pietschmann. Sie haben mit vielen Anregungen und Ideen dazu beigetragen, dass dieser Kulturraum so geworden ist, wie er jetzt bestaunt werden kann.
Das mit viel Mühen, großem Einsatz und mit erheblichen Kosten restaurierte und umgebaute Gebäude sollte vielfältig von Künstlern genutzt und häufig von Bürgern besucht werden. Das Bauwerk besitzt alle technischen Einrichtungen, die eine ganzjährige Nutzung ermöglichen.
Für die Baugeschichte ist wichtig festzuhalten, dass die Durchführung aller Arbeiten ohne Unfälle und ohne Streitigkeiten abgewickelt werden konnte, auch der vorgegebene Kostenrahmen wurde im Wesentlichen eingehalten.
Quelle: Festschrift Das Wahrzeichen der Stadt Hollfeld, Artikel Michael Staudt, Architekt, März 2001